Kind mit Fieber
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Wann kann ich mein Kind (nicht) in Kita/Schule schicken?

06.08.2019

Jeder kennt die Überlegungen bei oder nach akuter Erkrankung seines Kindes: Wann muss/sollte mein Kind zuhause bleiben? Wann kann ich es (wieder) in die Kita/Schule schicken oder zur Tagesmutter geben?

Die Fragestellung erscheint auf den ersten Blick recht simpel, kann sich aber zu einem echten Dilemma entwickeln. Ein Entscheidungsproblem entsteht weniger im Zustand der akuten Erkrankung, im Vollbild sozusagen, als am Anfang, wenn der Verdacht aufkommt, das Kind begänne „etwas auszubrüten“ oder am Ende, wenn es schon wieder „fast“ fit ist.

Ganz klar ist: Ein krankes Kind gehört nach Hause, hat ein Recht auf liebevolle Betreuung durch Eltern, Großeltern oder andere vertraute Personen und auch auf eine ausreichende Erholungszeit nach überstandener Erkrankung. So einfach das klingt, so schwer kann es im Einzelfall sein, dies auch umzusetzen.

Wann ist (m)ein Kind eigentlich „krank“ und gehört an diesem Tag nicht in eine Gemeinschaftseinrichtung?

Anhaltspunkte sind:

• Fieber (>38°C unter dem Arm, >38.5 °C im Po oder mit dem Ohrthermometer)

• Kinder mit Fieber am Tag oder in der Nacht zuvor

• Kinder mit akutem Erbrechen und/oder Durchfall. Aber Achtung: Auch nach dem letzten Erbrechen oder Durchfall sollte ein Kind für weitere 24 bis 48 Std. zuhause bleiben (das ist für viele Eltern aber schwer zu realisieren).

• Kinder, die offensichtlich stark unter ihren Symptomen leiden (heftiger Husten, schlechter Schlaf, ungenügende Flüssigkeits-/Nahrungsaufnahme)

• Kinder mit ursächlich infektiösen Ausschlägen.

Für viele Krankheiten ist dies offiziell auch klar geregelt. Notwendige Informationen hierzu bieten die Seiten des jeweiligen Gesundheitsamtes oder des RKI (Robert-Koch-Institut; „Empfehlungen für die Wiederzulassung in Schulen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen“, www.rki.de).

Im Weiteren soll es daher auch nicht um diese „Formalitäten“ gehen, sondern um Begleitaspekte und die damit verbundenen Schwierigkeiten der Umsetzung im Alltag. Denn: Ein krankes Kind kann im Zusammenhang mit dem Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung für alle Beteiligten unter Umständen zum Problemfall werden.

Für berufstätige Eltern ergibt sich evtl. die Schwierigkeit, nicht ihrer Arbeit fern bleiben zu können. Dies auch trotz der gesetzlich zur Verfügung stehenden „Kind-krank-Tage“, denn nicht immer ist das Verständnis des Arbeitgebers oder der Kollegen ausreichend und der dadurch entstehende Entscheidungsdruck hoch.

Für die Betreuer/Lehrer bedeutet ein krankes/“kränkliches“ Kind nicht nur einen erhöhten Betreuungsaufwand, sondern ist auch verbunden mit der Sorge, dass sich andere Kinder anstecken könnten. Nicht zuletzt hat auch die Betreuungsperson selbst ein Recht auf ausreichenden persönlichen Schutz vor übertragbaren Erkrankungen. Bei der geringen Personaldichte in den Institutionen kann ein Krankheitsfall unter den Betreuungspersonen zu nachvollziehbaren Folgeproblemen führen.

Ebenso haben natürlich die gesunden Kinder in den Einrichtungen ein Anrecht auf ausreichenden Schutz und deren Eltern aus diesen und obigen Gründen ein Interesse daran, dass andere kranke Kinder zuhause bleiben.

Welche Aspekte ergeben sich aus den verschiedenen Interessen und Interessenkonflikten?

Klar ist, es gibt für häufig auftretende Krankheitszustände bei Kindern keine 100-prozentig klare, in jedem Fall gleich sinnvoll anzuwendende Entscheidungsregel. Die durch den „Ermessensspielraum“ entstehende Grauzone ergibt Chancen aber auch Zündstoff für Konflikte. Diese bedürfen der Kommunikation zwischen allen Beteiligten und einem hoffentlich tragfähigen Ergebnis, dass durchaus für jede Einrichtung ein wenig anders aussehen kann. In einer Kita mit U3-Kindern gibt es diesbezüglich sicher dann mehr Gesprächsbedarf als in einer 5. Klasse.

Idealerweise – und aus kinderärztlicher Sicht sowieso – steht ganz oben immer der Schutz des Kindes, sei es krank oder gesund. Unsere (momentanen?) Lebensbedingungen lassen die Umsetzung dieses Ideals aber nicht ohne weiteres zu. Daher ist umso mehr ein fairer Umgang miteinander und diese fürsorgliche und soziale Einstellung aller Beteiligten vonnöten. Nach dem Motto „wir sitzen doch irgendwie alle im gleichen Boot“ könnte am Anfang der Dialog zwischen Elternschaft und Betreuungspersonen einen für jede Einrichtung individuell tragbaren Kompromiss ergeben, der bestmöglich alle Aspekte und Interessen solidarisch berücksichtigt. Wie immer bedarf es dafür des Engagements möglichst aller und nicht nur der üblichen „Kümmerer“.

Im Weiteren wären Anstrengungen für eine bessere personelle Ausstattung der Institutionen und auch Bemühungen für eine kinderfreundlichere Arbeitswelt wünschenswert. Dazu beitragen kann jeder etwas und sei es nur durch ein entsprechendes Kreuz bei Wahlen. Auch unseren gegenwärtigen Lebensstil zu hinterfragen, kann nutzen.

Und: Lassen Sie Ihr Kind impfen! Nur allein dies verhindert, dass sich schwere Infektionserkrankungen in einer Gemeinschaftseinrichtung verbreiten können.

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Dr. med. Bruno A. Wegerich

Autor:
Dr. med. Bruno A. Wegerich ist Arzt für Kinder- und Jugendmedizin in Nidderau. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern.
https://www.eutopos-kinderarzt.com/

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