Ein rotes Paragraphenzeichen

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Neue Entscheidungen aus dem Erbrecht

25.09.2019

Das Erbrecht ist immer wieder die Quelle von Überraschungen aber auch Streitigkeiten. Zudem ist die Fehlerquote bei Testamentserrichtungen, wenn sie ohne rechtlichen Rat oder die Hilfe eines Notars erfolgen, meist recht hoch. Dazu einige Beispiele, die zeigen, dass doch vieles im Erbrecht zu bedenken ist.

So kann zum Beispiel einem Kind, welches ja grundsätzlich pflichtteilsberechtigt ist, das Pflichtteil entzogen werden, wenn es mit dem Erblasser unter einem Dach wohnt und diesem einen Geldbetrag in Höhe von etwas über 3000 Euro entwendet. (OLG Stuttgart vom 24.1.2019).

Interessant auch ein Urteil des Oberlandesgericht Frankfurt, welches feststellte, dass ein Testament sittenwidrig und damit nichtig ist, wenn der Erblasser die Enkelkinder nur dann als Erben einsetzt, wenn diese den Erblasser regelmäßig besuchen. Dies wurde als unzulässiges Druckmittel angesehen (Urteil des OLG Frankfurt vom 5.2.2019).

Gefahr droht auch von der sogenannten Zettelwirtschaft: So hat das Oberlandesgericht Braunschweig am 20.3.2019 entschieden, das zwar auch ein Notizzettel-Testament wirksam sein kann, es muss sich jedoch aus dem Inhalt wenigstens auch der Zeitpunkt der Errichtung ergeben und die eigenhändige Unterschrift tragen. Im vorliegenden Fall war das Testament nicht wirksam, weil der Zeitpunkt der Abfassung fehlte und damit nicht klar war, ob es tatsächlich der letzte Wille war oder weitere Testamente, die auch vorlagen, später errichtet worden sind.

Gefährlich sind auch Formulierungen, die zwar gut gemeint sind, aber später nur noch einer folgenschweren Auslegung zugänglich sind. Steht in einem Testament, dass der Ehegatte sich aus dem Besitz des Erblassers nehmen oder behalten kann, was immer er auch will, muss dies nicht automatisch eine Erbeinsetzung sein (Oberlandesgericht Brandenburg vom 6.5.2019).

Soll das Familien-Eigenheim des Erblassers erbschaftssteuerfrei an Angehörige übergehen, muss es unverzüglich nach dem Tod des Erblassers von den Familienangehörigen bezogen werden, damit es nicht der Erbschaftsteuer unterliegt. Als unverzüglich wird dabei in der Regel eine Frist von unter sechs Monaten angesehen. Die Frist kann jedoch verlängert werden, wenn umfangreiche Renovierungsarbeiten vorzunehmen sind, die jedoch ausführlich gegenüber den Finanzbehörden darzulegen sind (Bundesfinanzhof vom 28.5. 2019).

Katastrophal kann auch eine Formulierung sein, in dem sich Eheleute wechselseitig zu Alleinerben einsetzen und ergänzend erklären, dass im Fall des gleichzeitigen Ablebens bestimmte Neffen und Nichten zu gleichen Teilen Erben werden sollen. Im vorliegenden Fall sind die Ehegatten in größeren zeitlichen Abständen verstorben. Die Nichten und Neffen wurden nicht Erben gemäß der Bestimmung des Testaments, weil die Bedingung des gleichzeitigen Versterbens nicht eingetreten war. Ob dies tatsächlich dem Erblasserwillen entsprach, konnte letztendlich nicht geklärt werden (Entscheidung des BGH vom 19. 6.2019).

Gefährlich kann es auch sein, wenn ein Kind nach dem Tod eines Elternteils von dem anderen Elternteil Auskunft über den Nachlass verlangt und bereits eine Geldforderung stellt. Schon dann kann die Pflichtteilsstrafklausel zum Zuge kommen, wenn die Eltern im Testament bestimmt haben, dass ein Kind, macht es das Pflichtteil gelten, vom Erbe ausgeschlossen ist. Hier sollte man also als Erbe und Pflichtteilsberechtigte vorsichtig sein, um sich nicht selbst zu schädigen (OLG Köln vom 27.9.2018).

Bekannt ist schließlich die wegweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum digitalen Nachlass. Grundsätzlich wurde entschieden, dass der digitale Nachlass auf den Erben übergeht und Benutzerkonten, zum Beispiel bei Facebook, dann auch für den Erben freizuschalten sind. (Urteil des Bundesgerichtshofes vom 12.7.2018).

Aus dem Vorstehenden ist erkennbar, dass man nichts dem Zufall überlassen sollte: Die Errichtung eines Testaments sollte Pflicht sein. Dazu gehört naturgemäß auch eine vorherige qualifizierte Beratung.

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Auf den Spuren der Römer in Mittelhessen

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Der Förderverein Römisches Forum Waldgirmes e.V. konzentriert sich seit Beendigung der Ausgrabungen im Jahr 2009 darauf, die einzige bisher nachgewiesene zivile römische Stadtgründung vor mehr als 2.000 Jahren im damaligen „Germanien“ zu präsentieren und darüber zu informieren.

Michael Frenzel

Autor:
Michael Frenzel ist Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht. Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Söhnen.
https://www.fs-anwalt.de

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