Ein Mädchen mit einer Brille aus Pfeifenputzern auf der Nase. Im HIntergrund weitere Pfeifernputzer und Pompons zum Basteln

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Kunst (er)leben: Wie Kreativität die Entwicklung beeinflusst

von Yvonne Antoni – 24.11.2021

Jeder von uns hat seine eigene Vorstellung davon, was kreativ ist und was er unter Kunst versteht. Wenn es um Kinder geht, ist das Spektrum an Meinungen und Erfahrungen ungleich größer. Das eine Kind malt bereits mit vier Jahren farbenfrohe Bilder, während das andere uns damit überrascht, dass es aus Haushaltsgegenständen ganze Spiellandschaften baut. Die „Kreativität“ gibt es also nicht. Einig sind sich Experten und Eltern jedoch, dass Kreativität – in welcher Form auch immer – für die Entwicklung von Kindern enorm wichtig ist.

Was bedeutet überhaupt kreativ?
„Kreativität ist die Fähigkeit, etwas zu erschaffen, was neu oder originell und dabei nützlich oder brauchbar ist. Darüber hinaus gibt es verschiedene Ansätze, was Kreativität im Einzelnen auszeichnet und wie sie entsteht. Das Wort Kreativität bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch vor allem die Eigenschaft eines Menschen, schöpferisch oder gestalterisch tätig zu sein. Falsch ist jedoch die verbreitete Vorstellung, dass Kreativität nur mit Berufen oder Tätigkeiten aus den Bereichen der bildenden Kunst und der darstellenden Kunst verbunden sei.“ (Wikipedia)

Kreativität ist also mehr, als ein Bild zu malen. Kreativität begegnet uns jeden Tag – sie hilft uns, den Alltag zu wuppen; Kinder brauchen sie, um ihre Persönlichkeit zu entfalten.

Man kann zwei Arten von Kreativität unterscheiden: Unter „Big-C“-Kreativität wird das verstanden, was Künstler erschaffen. Dafür benötigt man ein spezielles Talent und Fachkenntnis. Beispiele dafür sind Maler, Musiker, Bildhauer.

Die „Little-c“-Kreativität beschreibt die Fähigkeit, die wir alle besitzen: Alltagskreativität. Darunter fällt beispielsweise die Fähigkeit, Probleme auf fantasievolle Art zu lösen – wir Eltern sind darin Profis. Die Grenzen zwischen den beiden Arten sind fließend.

Was passiert im Gehirn, wenn man kreativ ist?
Jeder kann kreativ sein. Das ist in unserem Gehirn so verankert. Der kreative Prozess beginnt damit, dass wir in alle Richtungen denken. Das Gehirn sammelt Ideen, wie wir ein Problem lösen können. Dies nennt man in der Wissenschaft „divergentes Denken“.

Bei Kindern ist diese Fähigkeit besonders ausgeprägt, denn ihr Geist ist noch viel offener als der Erwachsener. Eine Gabe, die leider im Laufe des Lebens abnimmt – verstärkt auch durch unser Schulsystem, das seinen Fokus auf standardisiertes Lernen legt, und wo Kreativität und kritisches Denken oft keinen Platz haben.

Durch das ideenreiche Schaffen werden im Kopf Prozesse angeregt, und die Kinder werden experimentierfreudiger. Umso wichtiger ist es für uns Eltern, unsere Kinder in dieser Richtung zu fördern und damit schon im Kindergartenalter anzufangen, denn da ist das divergente Denken besonders stark ausgeprägt.

Warum ist es wichtig, dass Kinder kreativ sind?
Unsere Kinder stehen heutzutage unter einem enormen (Zeit-) Druck hinsichtlich Schule und Freizeitaktivitäten. Auch die tägliche Bildschirmzeit ist durch die Pandemie nicht gerade geringer geworden. Da ist es wichtig, dass die Kids lernen, sich auszuklinken und etwas für sich selbst zu tun. Zum Beispiel Bilder nur für sich zu malen, fantasievolle Spiellandschaften zu erschaffen oder einfach mal mit Fingerfarbe rummatschen zu können und den ganzen Alltags-Stress hinter sich zu lassen.

Kinder benötigen, um ihre Kreativität auszuleben, eine gute Atmosphäre und viel Freiheiten. Heißt auch: Auf Knopfdruck funktioniert das nicht. Es ist wichtig, dem Kind zu vermitteln, dass das Ergebnis nicht „perfekt“ sein muss, sondern dass die Beschäftigung an sich zählt. Durch negative Rückmeldungen werden sie nur in ihrem Schaffensdrang gebremst.

Gut ist beispielsweise, wenn bei Kindergartenkindern die verschiedenen Sinnesorgane wie Fühlen, Riechen, Schmecken stimuliert werden. Für Schulkinder ist die Förderung kreativen Denkens wichtig. Denn das fördert das selbstständige Denken und Handeln, die Kinder entwickeln eigene Denkmuster und ihr Selbstbewusstsein wird gestärkt.

Wie kann ich die Kreativität meines Kindes fördern?
Kinder bringen von Natur aus schon ein großes Potenzial an Ideenreichtum, Experimentier- und Spielfreude mit. Die beste Methode ist deshalb, sie einfach machen zu lassen. Sie sollen ausprobieren, was ihnen Spaß macht, und wo sie sich frei entfalten können.

Den besten Rahmen dafür bietet die Familie, denn hier fühlt sich das Kind frei und geborgen gleichzeitig. Deshalb ist es Aufgabe der Eltern, die Bedingungen dafür zu schaffen. Wichtig ist auch, das Kind zu ermutigen, ihm gegebenenfalls Tipps und Denkanstöße zu geben, und zu trösten, wenn das Ergebnis nicht so ist, wie es sich das vorgestellt hat. Bei (Klein-) Kindern kann man beobachten, wie sie Alltagsgegenstände zu Spielsachen umfunktionieren. Da wird die Tissue-Box zu einem Puppenbett oder der Brotkorb zu einem Lastenaufzug. Und wenn dann der halbe Küchenschrank zu kreativem Spielzeug umfunktioniert wird, sollten Eltern gelassen bleiben und ihre Kinder nicht dabei bremsen.

Später kommt das Interesse an Malen, Musik und Basteln dazu. Eltern sollten deshalb den Kindern eine Palette an Materialien anbieten, mit denen sie die Sinne schärfen und sich austoben können: Also Stifte, Papier, Knete, Stoff, Perlen, Sand, einfache Musikinstrumente – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Kinder sollen alles ausprobieren, sie müssen nicht eine besondere Gabe haben, um etwas Ausgefallenes zu schaffen.

Welche Möglichkeiten gibt es noch?
Eltern sind Vorbilder. Wenn sie selbst fantasievoll und unkonventionell in der Gestaltung ihres Alltags sind, so profitieren auch die Kinder davon. Deshalb sollten sie auch mal fünf gerade sein lassen, wenn die Wohnung zu einem Experimentierfeld wird, oder das Kind eine Idee hat, die im ersten Moment als „unsinnig“ erscheint.

Weitere Tipps: Gemeinsam auf Entdeckungsreise gehen, Geschichten erfinden oder ein Theaterstück einüben. Neben der familiären Förderung gibt es in jeder Region eine große Auswahl an Kursen speziell für Kinder, wie beispielsweise Mal-, Näh- oder Bastelkurse. Oder wie wäre es mit einem Eltern-Kind-Projekt?

Malschulen bieten Mal-Events für Familien an, bei denen sie gemeinsam ihre Kreativität ausleben können.
Kinder, deren Eltern bestimmte Sozialleistungen beziehen, können mithilfe des hessischen Bildungs- und Teilhabepakets eine monatliche finanzielle Unterstützung erhalten, um an kulturellen Angeboten teilnehmen zu können. Auch die Volkshochschulen bieten erschwingliche Kurse für Kids und Teens an. Für Kinder mit Beeinträchtigungen gibt es ebenfalls spezielle Angebote.

Kunst erleben
Auch ein Museumsbesuch kann dazu beitragen, den Horizont eines Kindes zu erweitern und seine Fantasie anzuregen. Gemeinsam Kunst zu erleben, kann für eine Familie zu einer tollen Erfahrung werden. Und das in (fast) jedem Alter.

Viele Museen sind auf den Besuch von Kindern eingestellt und bieten Familienführungen oder ein spezielles Kinder-Programm an. So gibt es beispielsweise den KinderKunstKlub in Frankfurt gemeinsam von Schirn, Städel und Liebieghaus. Die Kinder besuchen Ausstellungen, finden heraus, welche Kunst ihnen am besten gefällt und schauen hinter die Kulissen der Museen. In unserer strukturierten Welt ist das Erleben von Kunst auch ein Ausgleich für die Seele.

Quellen und weiterführende Links:
www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/kreativitaet-mehr-als-nur-kunst/
www.gedankenwelt.de
www.soziales.hessen.de/Soziales/Sozialpolitik/Bildungs-und-Teilhabepaket

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