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27.03.2025
Früher mussten Eltern sich vor allem darüber sorgen, dass ihr Kind zu lange draußen blieb, weil es mit Freunden auf dem Bolzplatz kickte oder im Wald Abenteuer erlebte.
Heute spielt sich das Leben vieler Kinder vor dem Bildschirm ab – sie versinken in Videospielen, scrollen stundenlang durch Social-Media-Feeds oder verlieren sich in endlosen Seriennächten. Während Eltern oft nur noch den leuchtenden Schein des Displays im Gesicht ihres Kindes erkennen, kommen Fragen auf: Darf ich das einschränken? Muss ich es sogar? Und wo ziehen Recht und Verantwortung die Grenze?
Der Impuls, einfach das WLAN auszuschalten, ist verständlich. Aber so einfach ist es leider nicht. Eltern bewegen sich zwischen ihrer Verantwortung, klare Grenzen zu setzen, und der Tatsache, dass ihr Kind auch ein Recht auf eine eigene Privatsphäre hat. Die große Frage lautet also: Wie viel Kontrolle ist erlaubt – und ab wann wird es kritisch?
Das elterliche Sorgerecht nach § 1626 BGB gibt Eltern das Recht – und vor allem die Pflicht – ihr Kind zu erziehen und zu schützen. Medienerziehung gehört zweifellos dazu. Wer also Bildschirmzeiten begrenzen oder ein Verbot für bestimmte Inhalte aussprechen will, darf das tun. Eltern sind sogar dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass ihr Kind keine jugendgefährdenden Inhalte konsumiert.
Doch hier kommt die andere Seite der Medaille: Kinder haben auch Persönlichkeitsrechte, und die gelten nicht nur in der analogen Welt. Einfach ungefragt in WhatsApp-Chats schnüffeln oder heimlich Überwachungssoftware auf dem Handy installieren? Rechtlich gesehen ist das ein problematisches Terrain. Der Gesetzgeber verlangt von Eltern eine Abwägung zwischen Schutz und Selbstständigkeit des Kindes.
Das bedeutet nicht, dass Eltern tatenlos zusehen müssen, wenn ihr Kind sich stundenlang in digitalen Welten verliert. Aber es bedeutet, dass Kontrolle mit Augenmaß erfolgen muss.
Wann wird Medienkonsum problematisch – und ab wann ist es juristisch relevant?
Ein gelegentlicher Gaming-Marathon am Wochenende oder eine exzessive TikTok-Phase in den Ferien sind noch kein Fall fürs Jugendamt. Problematisch wird es, wenn das Kind dauerhaft die Schule vernachlässigt, soziale Kontakte nur noch online pflegt und gesundheitliche Probleme durch Schlaf- oder Bewegungsmangel entstehen.
Eltern haben nach § 1631 BGB eine Aufsichtspflicht. Wenn sie diese vernachlässigen und zulassen, dass ihr Kind völlig im Digitalen versinkt, kann das im schlimmsten Fall als Vernachlässigung gewertet werden. Dann kann das Jugendamt nach § 8a SGB VIII tätig werden.
Doch keine Sorge: Niemand wird direkt das Sorgerecht infrage stellen, nur weil ein Kind gelegentlich zu lange vor dem Bildschirm sitzt. Das Jugendamt wird zuerst versuchen, durch Gespräche und Beratungen zu helfen. Erst wenn klar ist, dass Eltern dauerhaft ihrer Verantwortung nicht nachkommen und das Kindeswohl ernsthaft gefährdet ist, kann das Familiengericht eingreifen. § 1666 BGB erlaubt in extremen Fällen Maßnahmen, die bis zur Einschränkung des Sorgerechts reichen. Die allermeisten Familien werden mit solchen Szenarien aber niemals konfrontiert. Viel häufiger geht es um den alltäglichen Konflikt zwischen „Nur noch fünf Minuten!“ und „Schalt das Ding endlich aus!“.
Interessanterweise gibt es in Deutschland keine festgelegten Höchstgrenzen für die tägliche Mediennutzung. Während die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt, dass Kinder unter zehn Jahren nicht länger als eine Stunde täglich vor dem Bildschirm verbringen sollten, bleibt die konkrete Entscheidung letztlich in der Verantwortung der Eltern.
Das bedeutet aber nicht, dass es überhaupt keine rechtlichen Vorgaben gibt. Das Jugendschutzgesetz (JuSchG) regelt zum Beispiel, welche Inhalte für welche Altersgruppen erlaubt sind. Altersfreigaben bei Spielen und Filmen sind keine freundlichen Empfehlungen, sondern rechtsverbindlich. Wer seinem Grundschulkind bewusst ein Spiel ab 18 erlaubt, macht sich zwar nicht strafbar, stellt aber die eigene erzieherische Verantwortung auf eine harte Probe.
Ein weiteres heikles Thema sind soziale Netzwerke. Laut den AGB von Plattformen wie Instagram oder TikTok ist eine Nutzung erst ab 13 Jahren erlaubt. Trotzdem sind viele Kinder schon deutlich früher dort aktiv – oft mit stillschweigender Duldung der Eltern.
Hier stellt sich die Frage: Sind Eltern rechtlich verpflichtet, Social-Media-Nutzung zu unterbinden?
Klare Antwort: Nein, aber sie sind verantwortlich. Es gibt keine gesetzliche Pflicht, aktiv zu kontrollieren, aber Eltern müssen ihrer Aufsichtspflicht nachkommen. Wenn ein Kind auf Plattformen unterwegs ist, die für sein Alter nicht vorgesehen sind, sollten Eltern nicht einfach die Augen verschließen. Denn Cybermobbing, Datenschutzverletzungen und Kontakt zu Fremden sind reale Risiken – und wenn Eltern hier bewusst nichts tun, könnten sie im Ernstfall selbst in der Kritik stehen.
Empfehlenswert ist, von Anfang an klare Regeln aufzustellen. Ein Mediennutzungsvertrag, den Eltern gemeinsam mit dem Kind erarbeiten, kann dabei helfen. Darin kann festgelegt werden, wie lange Medien genutzt werden dürfen, welche Inhalte erlaubt sind und wann das Handy einfach mal Pause hat.
Doch stellt sich die Frage: Hat ein solcher Vertrag überhaupt eine rechtliche Wirkung – oder bleibt er letztlich nur eine pädagogische Maßnahme?
Rein juristisch betrachtet ist ein Mediennutzungsvertrag kein bindender Vertrag im Sinne des BGB. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Kinder unter 18 Jahren nur beschränkt geschäftsfähig sind und daher Verträge grundsätzlich nur mit Zustimmung der Eltern wirksam abschließen können. Zudem fehlt es an einer einklagbaren Verpflichtung: Selbst wenn ein Kind sich nicht an die vereinbarten Regeln hält, könnten die Eltern daraus keinen rechtlichen Anspruch ableiten. Ein Mediennutzungsvertrag ist also kein Instrument, mit dem Eltern Verstöße juristisch sanktionieren oder gar durchsetzen könnten.
Das bedeutet jedoch nicht, dass ein solcher Vertrag sinnlos ist – im Gegenteil. Pädagogisch kann er eine große Hilfe sein, um Konflikte zu vermeiden und feste Regeln aufzustellen, an die sich alle Familienmitglieder halten. Indem Kinder aktiv in die Gestaltung der Vereinbarungen eingebunden werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich an die Regeln halten, weil sie diese als fair empfinden.
Verstöße gegen die getroffenen Vereinbarungen können Eltern zwar nicht rechtlich ahnden, sie haben aber sehr wohl die Möglichkeit, Konsequenzen im Rahmen ihres Erziehungsrechts zu ziehen. Sie dürfen Bildschirmzeiten begrenzen, die Nutzung bestimmter Inhalte untersagen oder – in verhältnismäßigem Rahmen – das Handy vorübergehend entziehen. Wichtig ist dabei, dass solche Maßnahmen angemessen bleiben. Schließlich dürfen Eltern ihre Kinder erziehen, aber nicht unangemessen bestrafen.
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