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25.11.2020
Wer Ehegatte oder direkter Abkömmling eines Erblassers ist, hat in der Regel, wenn er vom Erblasser durch Testament enterbt wird, Pflichtteilsansprüche. Der Gesetzgeber wollte nicht, dass allernächste Angehörige völlig leer ausgehen.
Um den Pflichtteilsanspruch geltend zu machen, muss zunächst vom tatsächlichen Erben, das ist in der Regel derjenige, der vom Erblasser als Erbe im Testament benannt wurde, Auskunft über den Bestand des Nachlasses verlangt werden, damit der Pflichtteilsbetrag überhaupt errechnet werden kann.
Zu dieser Auskunft ist der Erbe gesetzlich verpflichtet. Oft wird jedoch nur unzureichend Auskunft erteilt oder wichtige Vermögenswerte werden sogar bewusst verheimlicht. Dies betrifft oft Schenkungen in der Vergangenheit, die für das Pflichtteil durchaus von Bedeutung sein können oder Wertpapierkonten und andere Werte, die verschwiegen werden.
Wenn der Pflichtteilsberechtigte den Eindruck bekommt, der Erbe rücke mit der Auskunft nicht vollständig heraus, dann kann er auch ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangen, was ihm der Gesetzgeber ausdrücklich zubilligt. In diesem Fall ist der vom Erben beauftragte Notar verpflichtet, selbstständig den Nachlass unter Mitwirkung des Erben zu ermitteln, gegebenenfalls alle naheliegenden Banken anzuschreiben und auch die Kontostände der Konten, die auf den Namen des Erblassers lauteten, für die letzten zehn Jahre durchzusehen, ob es ungewöhnliche Bewegungen gab.
In Zeiten von Corona ergab sich nunmehr in einem Fall die Frage, ob der Erbe wegen der Pandemie und damit verbundenen Kontakt-Risiken, verpflichtet war, einen Notar aufzusuchen, um diesen zu beauftragen, bzw. an der Errichtung des Nachlassverzeichnisses mitzuwirken. Dies hatte das Oberlandesgericht Frankfurt zu entscheiden. Das Gericht stellte eindeutig klar: Auch in Zeiten von Corona müssen Erbfälle abgewickelt werden.
Pflichtteilsberechtigte haben grundsätzlich einen Anspruch auf Auskunft über den Nachlass, u.a. durch Vorlage eines von einem Notar erstellten Verzeichnisses. An deren Errichtung haben die Erben mitzuwirken. Kann man sich dieser Pflicht entziehen, in dem man sich auf die Pandemielage beruft? Nein, lautet die eindeutige Antwort. Auch eine erhöhte Gefährdungslage, speziell für sogenannte Risiko-Personen, also ältere Menschen oder/und durch Krankheiten vorbelastete Menschen müssen ihren Pflichten nachkommen, wobei sie gegebenenfalls veranlassen müssen, dass die entsprechenden Sicherungsmaßnahmen, wie Abstand, Hygiene, Mund Nasenschutz und anderes einwandfrei gewährleistet wird.
Soweit ein Notarbüro dazu in der Lage ist, besteht kein Anlass, nur mit der Begründung der allgemein Gefährdungslage Termine nicht wahrzunehmen.
Die Entscheidung des Oberlandesgericht Frankfurt (Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, Beschluss vom 9.7.2020 – 10 W 21/20) dürfte zugleich eine beispielhafte Grundsatzentscheidung sein, ob man Gerichts- und/oder Notarterminen fernbleiben darf, weil man Covid-19-Ansteckungsgefahren befürchtet. Soweit die Behörden oder die Notarkanzlei die vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Hygienemaßnahmen beachtet und insoweit auch entsprechende Vorkehrungen trifft, gibt es demzufolge keinen triftigen Grund, derartigen Terminen fernzubleiben. Widrigenfalls kann sonst auch ein Zwangsgeld drohen.
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Autor:
Michael Frenzel ist Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht. Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Söhnen.
https://www.fs-anwalt.de
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