Patientenverfügung

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Die große Vorsorgevollmacht

29.09.2016

Schon öfters wurde an dieser Stelle die Frage der Vorsorgevollmacht (Generalvollmacht in Verbindung mit einer Personensorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung) erörtert. Nun hat der Bundesgerichtshof (Beschluss v. 6. Juli 2016, Az. XII ZB 61/16) in einer beachtenswerten Entscheidung darauf hingewiesen, dass Patientenverfügungen inhaltlich ausreichend bestimmt sein müssen, damit sie überhaupt Wirksamkeit erlangen. Der Bundesgerichtshof verlangt, dass sich aus der Patientenverfügung ausreichend klar ergibt, in welchen Fällen lebensverlängernde Maßnahmen nicht mehr zulässig sein sollen. Allein pauschale Floskeln reichen nicht. Besonders bedenklich sind sicher auch formularmäßige Verfügungen, in denen einfach im Rahmen eines Multiple-choice-Verfahrens Kästchen angekreuzt werden. Bei solchen Formularen wird man unweigerlich an die Führerscheinprüfung erinnert. Im Hinblick auf diese Entscheidung empfiehlt es sich dringend, dass jeder, der eine Vorsorgevollmacht, insbesondere in Verbindung mit einer Patientenverfügung errichtet hat, diese gewissenhaft durchsieht. Sollten sich Zweifel ergeben, weil die Regelungen zu pauschal und inhaltlich nicht ausreichend konkretisiert sind, sollte anwaltlicher Rat in Anspruch genommen werden. Auch sollte der Hausarzt hinzugezogen werden. Hierbei sollte man die verschiedenen Fallgestaltungen betrachten, die eintreten können, wenn es mit dem Leben zu Ende geht (zum Beispiel dauerhaft im Koma liegen, Herzstillstand, Kreislaufzusammenbruch, keine Gehirnfunktionen, unheilbarer Leidenszustand und anderes mehr). Daraus resultieren dann die jeweiligen Maßnahmen, die unterbleiben sollen, wie Wiederbelebung, künstliche Beatmung, künstliche Ernährung, Transplantationen und andere Intensivtherapien. In der Regel sollte man daher zunächst seinen Hausarzt aufsuchen und diesen bezüglich dieser Fallgestaltungen befragen, anschließend einen Rechtsanwalt, der mit diesen Fragen besonders bewandert ist (zum Beispiel Fachanwälte für Familienrecht) oder besser einen Notar, da beurkundete Erklärungen immer den höchsten Beweiswert im Rechtsverkehr haben. Errichtet man eine so genannte große Vorsorgevollmacht, dann geht der Weg am Notar praktisch nicht vorbei. Die große Vorsorgevollmacht gliedert sich in die vermögensrechtliche Generalvollmacht, die Personensorgevollmacht, die Patientenverfügung und die Betreuungsverfügung. Die Beurkundung ist deswegen schon von Bedeutung, weil eine privatschriftliche Vollmacht bei bestimmten Behörden (zum Beispiel Grundbuchamt) aber auch bei Banken und Sparkassen keine Anerkennung findet. Darüber hinaus weist die beurkundete Erklärung die eindeutige Identität des Vollmachtgebers aus, sodass auch Zweifel an der Urheberschaft nicht gegeben sein können. Hinzu kommt, dass der Notar natürlich den Inhalt der großen Vorsorgevollmacht mit dem Beteiligten genau erörtert, insoweit auch erläutert und den wirklichen Willen des Beteiligten dann auch in der Urkunde niederschreibt. Auch bei der Patientenverfügung ist gerade die Identitätsfeststellung extrem wichtig. Wie soll sich zum Beispiel ein Arzt verhalten, dem eine privatschriftliche Patientenverfügung vorgelegt wird, der Patient selbst aber bewusstlos oder nicht ansprechbar ist? Kann der Arzt darauf vertrauen, dass diese Erklärung wirklich von dem Patienten stammt? Aus alledem ergibt sich, dass es Sinn macht, aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs Vorsorgevollmachten und Patientenverfügung zu überprüfen und auch die Frage zu klären, ob eine notarielle Beurkundung nicht sinnvoll erscheint, auch wenn – maßvolle – Gebühren anfallen. Immerhin ist dies gut angelegtes Geld.

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Michael Frenzel

Autor:
Michael Frenzel ist Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht. Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Söhnen.
https://www.fs-anwalt.de

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