Ein Junge und ein Mädchen sitzen auf einem Sofa und schauen traurig auf ihre streitenden Eltern

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Allein oder getrennt erziehen

von Yvonne Antoni – 31.05.2022

Gemeinsam erziehend, alleinerziehend, getrennt erziehend, Patchwork, Regenbogen, Solo-Mütter und -Väter – schon ein Blick in unseren Bekanntenkreis reicht aus, um uns zu zeigen, wie vielfältig das Familienleben heute aussehen kann.

Alleinerziehend im Sinne der amtlichen Statistik sind Mütter und Väter, die ohne Ehe- oder Lebenspartnerin beziehungsweise -partner mit ledigen Kindern (neben leiblichen Kindern auch mit Stief-, Adoptiv- und Pflegekindern) im selben Haushalt zusammenleben.“ (Monitor Familienforschung des BmSFJ)

Getrennterziehend ist man, wenn man als Eltern getrennt voneinander lebt und sich die Betreuung des Kindes aufteilt. In diesem Fall ist entscheidend, dass beide eine häusliche Gemeinschaft mit dem Kind haben. Dazu muss das Kind mindestens ein Drittel der Zeit bei beiden Eltern wohnen. (Familieninfo MV)

Knapp 20 Prozent der Eltern in Deutschland erziehen allein oder getrennt. Dies kann sich auch schnell mal ändern, wenn beispielsweise ein neuer Partner mit Kindern hinzukommt und eine Patchwork-Familie entsteht. Nicht wenige sind jedoch über Jahre alleinerziehend, und es ist oft sehr stressig, den Alltag zu meistern.

Selten ist das so geplant. Da sind die Eltern, die schon vor der Geburt getrennt waren, die Paare, die sich im Laufe der Zeit scheiden lassen, oder diejenigen, deren Partner gestorben ist. Für sie alle ist es eine immense Herausforderung, ein oder mehrere Kinder allein groß zu ziehen.

Um finanziell klarzukommen, müssen die meisten von ihnen berufstätig sein. Und dafür brauchen sie eine zuverlässige und gute Kinderbetreuung. Kindertagesstätten wissen dies und bemühen sich, Alleinerziehenden möglichst schnell einen Platz anzubieten. Daher sollte man dies bei der Anmeldung unbedingt angeben.

Ein gutes Netzwerk zu haben, ist ebenfalls Gold wert: Dies können Freunde, die Großeltern oder andere Alleinerziehende sein – Kontakte findet man über Beratungsstellen und Online-Gruppen. Sie alle können bei der Kinderbetreuung und bei anderen Alltagsdingen helfen und unterstützen.

Gemeinsame Absprachen nach der Trennung
Nach einer Trennung haben rund Dreiviertel der Eltern weiterhin Kontakt, auch wenn es verständlicherweise immer mal wieder zu Spannungen kommt. Es gilt jetzt jedoch, gemeinsame Absprachen zur Kindererziehung und -Betreuung zu treffen und Kinder aus Konflikten herauszuhalten. Dafür ist ein regelmäßiger Austausch der Eltern nötig, um Themen wie Besuchszeiten, Schule, den Umgang mit Medien etc. abzusprechen. So könnte beispielsweise ein Leitfaden, in dem die Eltern ein paar Dinge zur gemeinsamen Erziehung festlegen, eine gute Alltagshilfe sein.

Verständlicherweise leiden Kinder meist sehr unter der Trennung der Eltern. Trauer und Wut mischen sich mit der Erleichterung, dass die Konflikte und Streitereien der Eltern nicht mehr in ihrem Alltag passieren. Dies hängt natürlich davon ab, wie die Eltern miteinander umgehen und wie alt die Kinder sind. Deshalb sollten sie auch immer die Kinder – je nach Alter – in die Planung mit einbeziehen.

Auch mal abschalten
Alleinerziehend ist man mit Job, Kindererziehung und Haushalt im Dauerstress. Deshalb ist es wichtig, dass man sich ab und zu Zeit für sich selbst nimmt, um Kraft zu tanken. Das hört sich bestimmt leichter an, als es dann im Alltag machbar ist. Aber vielleicht können auch hier Familie und Freunde einspringen, damit der oder die Alleinerziehende eine kleine Auszeit nur für sich bekommt.

Eine weitere Möglichkeit, durchzuatmen und zu neuer Energie zu kommen sind Mutter/Vater-Kind-Kuren. Bei diesen dreiwöchigen Kuren werden die Kinder betreut, während die Mutter oder der Vater medizinische Behandlungen, Physiotherapie, psychosoziale Gespräche oder Bewegungs- und Entspannungstherapien haben.

Ein Tipp nicht nur für alleinerziehende Eltern! Infos gibt’s bei den Krankenkassen und beim Müttergenesungswerk. Auch die Jugendherbergen bieten spezielle Mutter- und Kind-Freizeiten an, die auch bei geringem Budget zu finanzieren sind.

Recht haben und Recht bekommen
Neben der Scheidung ist die Regelung des Sorgerechts eine der größten Herausforderungen nach einer Trennung. Dabei geht es um alle Themen, die das weitere Leben des Kindes betreffen wie zum Beispiel die Anmeldung an einer Kita oder Schule, die Ausbildung, die Erziehung, das Umgangsrecht und auch medizinische Behandlungen. Wichtig ist, dass man sich in dieser belastenden und auch konfliktreichen Situation Beratung und Unterstützung holt.

Im Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ist beispielsweise geregelt, dass Kinder, Jugendliche und Eltern einen Anspruch auf kostenlose Beratung in Fragen zu Partnerschaft, Trennung, Scheidung, elterliche Sorge, Umgangsrecht oder Unterhalt haben. Ansprechpartner sind die örtlichen Jugendämter.

Unterwegs im Behörden-Dschungel
Alleinerziehende haben oft Schwierigkeiten, finanziell über die Runden zu kommen. Aktuelle Zahlen der Agentur für Arbeit zeigen, dass 31,6 Prozent der Alleinerziehenden-Haushalte als hilfsbedürftig gelten, während es bei Zwei-Eltern-Haushalten nur 6,4 % sind. Über 85 % der Alleinerziehenden sind übrigens Frauen. Ungefähr 40 Prozent der Alleinerziehenden stocken ihr Einkommen mit Hartz IV auf. Deshalb sollten sie alle Möglichkeiten von Leistungen und Förderungen auszuschöpfen – auch wenn dies bedeutet, dass man viele Anträge bei den unterschiedlichsten Behörden stellen muss. Aber es lohnt sich. Hier eine kleine Übersicht:

Kinderzuschlag: Eltern, die Kindergeld beziehen und deren Einkommen nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt ihrer Kinder zu decken, können einen Kinderzuschlag beantragen. Ansprechpartnerin dafür ist die Bundesagentur für Arbeit.

Unterhalt: Kinder erhalten in der Regel Unterhaltszahlungen vom getrenntlebenden Elternteil. Wenn dieser jedoch keinen Unterhalt zahlt, kann man unter bestimmten Voraussetzungen einen Unterhaltsvorschuss vom Staat bekommen. Bei unterhaltsrechtlichen Fragen bieten die örtlichen Jugendämter kostenlose Beratung und rechtliche Vertretung an.

Waisenrente/Rente für Verwitwete: Nach dem Tod eines Elternteils haben die Kinder Anspruch auf eine Halbwaisenrente. Der verbliebene Ehe- oder Lebenspartner kann Witwen- oder Witwerrente beantragen. Weitere Infos gibt es bei der Deutschen Rentenversicherung.

Steuerklasse: Die Steuerklasse 2 ist ausschließlich für Alleinerziehende vorgesehen und bewirkt – unter bestimmten Voraussetzungen – durch den Alleinerziehendenentlastungsbetrag einen Steuervorteil. Ansprechpartner ist das Finanzamt.

Leistungen für Bildung und Teilhabe: Ein wichtiges Angebot, denn damit können Kinder Angebote in Schule und Freizeit nutzen, wenn sich die Familie die Ausgaben dafür nicht leisten kann. Dazu zählen Schul- und Kitaausflüge, Schulbedarf, Lernförderung/Nachhilfe, Kurse aus dem Bereich Musik, Kunst und Sport. Einige Städte und Gemeinden bieten zusätzlich Gutscheine oder besondere Ermäßigungen an.

Wohngeld können generell Familien mit geringem Einkommen erhalten. Es kann als Zuschuss zur Miete oder zu den Kosten selbst genutzten Wohneigentums gezahlt werden. Beantragt wird dies bei der Stadt beziehungsweise der Gemeinde.

Außerdem gibt es für geringverdienende Eltern vom örtlichen Jugendamt einen Zuschuss zu den Kinderbetreuungskosten.

5 Tipps

1. Keine Angst vor Behörden und Formularen:
Auch wenn es schwerfällt, sich im Info- und Behörden-Dschungel zurechtzufinden – es lohnt sich. Denn vom Staat gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten der finanziellen und organisatorischen Unterstützung.

2. Hilfe annehmen:
Wenn Familie und Freunde anbieten, bei der Kinderbetreuung oder im Haushalt zu unterstützen, dann unbedingt „Ja“ sagen!

3. Netzwerke nutzen:
Es gibt viele Eltern, die in einer ähnlichen Situation sind. Es tut gut, sich mit ihnen auszutauschen und sich auch gegenseitig zu helfen.

4. Sich beraten lassen:
Nicht nur die Jugendämter bieten kostenlose Beratung und Unterstützung an. Es gibt eine Fülle von nützlichen Organisationen, Vereinen und Gruppen, bei denen man Rat und Hilfe bekommt. Auf unseren „Gewusst wo“-Seiten haben wir hilfreiche Adressen in unserer Region zusammengestellt.

5. Sich auch mal etwas Gutes tun:
Was sich wie eine gut gemeinte Floskel anhört, ist ganz wichtig, um wieder Kraft für die Alltagsaufgaben zu haben.

Quellen und Infos:
Allein- oder getrennterziehen – Lebenssituation, Übergänge und Herausforderungen – Monitor Familienforschung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Bmfsfj)
www.familienportal.de
Infoportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Bmfsfj)
Verband alleinerziehender Mütter und Väter

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